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Das Respiratorische System als vielversprechendes Applikationsziel in der modernen Medizin | IgG Drug Delivery Kongress in der Hochschule Biberach

Biberach, 28. September 2022 – Krankheiten der Atemwege sowie des zentralen Nervensystems erfordern häufig invasive Behandlungsansätze. Da Antikörper nicht oral verabreicht werden können, werden sie konventionell per Injektion verabreicht. Während des IgGDEA 2022 Kongress (IgG Drug Delivery via the Airways) wurden verschiedene Ansätze besprochen die eine non- bis minimal-invasive Applikation ermöglichen. Dabei wurden in den letzten Jahren wichtige Fortschritte erzielt, aber dennoch gibt es noch Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Diese Punkte kamen zur Sprache während des ganztägigen von der InnoSüd und Hochschule Biberach veranstalteten Kongresses mit insgesamt über 100 Teilnehmer:innen, die sowohl vor Ort an der Hochschule Biberach, als auch online zugeschalten waren. Im Verlauf der Veranstaltung konnten Redner:innen aus verschiedenen Bereichen ihre erlangten Kenntnisse vortragen und sich über mögliche Lösungsansätze austauschen. Hierbei übernahm die Moderation Frau Dana Hofmann.

IgGs – Helfer in der Not

IgGs (Immunglobulin-G) sind Antikörper, welche einen wichtigen Bestandteil unseres humoralen Immunsystems darstellen. Sie besitzen eine Target-Funktion, welche den Körper vor Viren und Bakterien schützen. Antikörper finden in der Medizin noch in vielen anderen Bereichen Anwendung wie beispielsweise auch in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen oder Krebs. Im Verlauf des IgGDEA 2022 Kongress wurde sich auf die Applikation von Antikörpern über die oberen und unteren Atemwege fokussiert. Während die inhalative Therapie sich auf Erkrankungen der Lunge ausrichtet, zielt der intranasale Ansatz auf eine Behandlung von Krankheiten des Zentralnervensystems ab.

Inhalativer Ansatz – Auf direktem Weg in die Lunge

Die Lunge hat täglich Kontakt mit Krankheitserregern, welche sie nicht immer abwehren kann. Jedoch treten immer mehr Antibiotikaresistenzen auf, die eine Behandlung erschweren. Die Inhalation von Antikörpern kann hier als alternative oder zusätzliche Behandlung aushelfen. Durch diese gezielte Applikation kann direkt am Eintrittsort der Pathogene agiert werden und der Wirkstoff muss nicht erst über das Blut zur Lunge gelangen. Diesen Vorteil macht sich Prof. Dr. Nathalie Heuzé-Vourc’h von INSERM in Tours/Frankreich in ihrer Arbeit zu nutze. Inhalative Therapie-Ansätze mit Antikörpern kann man auch im Zusammenhang mit anderen Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD verwenden. Außerdem erzählte Anna Schnell von CSL Behring AG in der Schweiz von der klinischen Entwicklung von inhalativ angewendeten polyklonalen IgGs zur Behandlung von nicht-zystischer Fibrose-Bronchiektasie (NCFB). Für den Erfolg inhalativer Therapien ist ein gut geebneter Übergang von der präklinischen Studie in die Phase I Studie essenziell. Dr. Otmar Schmid vom Helmholtz Zentrum in München hat in diesem Zusammenhang innovative Ideen zur Verabreichung und Testung von Aerosolen an Lungenmodellen gezeigt.

Intranasale Applikation – Von der Nase ins Gehirn

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurde auch angesprochen, wie die oberen Atemwege genutzt werden können, um in das Zentralnervensystem vordringen zu können. Dabei ist es von Vorteil, dass die Geruchsnerven in der Nase über das olfaktorische Epithel eine direkte Verbindung zum Gehirn haben. Deshalb fokussierte sich der Vortrag von Dr. Simone Ladel, WDT eG/ Hochschule Biberach auf die Rezeptoren, die im Zusammenhang mit der Aufnahme von IgGs in die Atemwegsschleimhaut stehen. Die Option Antikörper gezielt ins Zentralnervensystem einbringen zu können kann genutzt werden, um z. B. Multiple Sklerose minimal Invasiv behandeln zu können. Die auf Grundlage dieses Wissen aufgebaute präklinische Minischwein Studie zu einem intranasalen Hydrogel Patch wurde von Prof. Dr. Katharina Schindowski Zimmermann von der Hochschule Biberach beschrieben. Dieser Ansatz ist im Vergleich zu bisher angewendeten Verfahren für die Patient:innen eine angenehmere und weniger invasive Möglichkeit die Blut-Hirn-Schranke zu umgehen. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob die Applikation des Patches Nebenwirkungen auf Verhalten oder Geruchssinn hat und wie viel Wirkstoff das Gehirn erreicht. Außerdem war die Stabilität und die Antikörper Freisetzung des Hydrogel Patches von Interesse.

Herausforderungen – Den Weg für die Zukunft ebnen

Grundsätzlich wurde gezeigt, dass der nasale und inhalative Applikationsweg neue vielversprechende, aber auch komplexe Therapieansätze aufzeigt. Für die Zukunft ist es deshalb wichtig, dass alle Hürden gemeistert werden. Beispielsweise kann man durch Optimierung von Applikator und Medikament den Verlust der Bioaktivität ausgelöst durch Bildung von Aggregaten während der Aerolisierung minimieren. Des Weiteren, ist auch die Dauer der Wirkstofffreisetzung ausschlaggebend auf den Erfolg. Denn, zum Wohle der Patient:innen sollte die Häufigkeit der Wirkstoffgabe möglichst niedrig gehalten werden. Aus diesem Grund hat sich Dr. Emre Günday von der MyBiotech GmbH mit diesem Thema befasst. Zusammengefasst ist im großen und ganzen das Ziel den Komfort der Patient:innen so hoch wie möglich und die Risiken so gering wie möglich zu halten, während die Krankheit gezielt therapiert werden kann.