Seite wählen

In Kooperation mit Partnern in der Türkei, in den Niederlanden sowie in Deutschland entwickeln WissenschaftlerInnen der Hochschule Biberach (HBC) Verfahren, um die Qualität biopharmazeutischer Antikörper zu verbessern. Die für die Produktion verwendeten Zellkulturmedien beeinflussen beispielsweise die Art der Zuckerreste, die in der Zelle mit den Antikörpern verknüpft werden. Diese sogenannte Glykosylierung wiederum ist entscheidend für die spätere Wirksamkeit der Antikörper-Medikamente. Im Projekt soll eine systematische Untersuchung der Kulturmedien erfolgen, deren Einzelkomponenten hinsichtlich ihrer Beteiligung am Glykosylierungsstoffwechsel ausgewählt werden. Das EU-geförderte Eurostars-Projekt „Targeted Improvement of Therapeutic Protein Quality Through Cell Culture Media“ (TIPQMed) wird mit 1,8 Millionen Euro und für eine Laufzeit von 30 Monaten gefördert.

Rund 233 000 € stehen den ForscherInnen des Institutes für Angewandte Biotechnologie der Hochschule Biberach bis November 2022 zur Verfügung. Institutsleiter Friedemann Hesse sowie seine KollegInnen Hans Kiefer, Sybille Ebert und Kerstin Otte beschäftigen sich innerhalb des Gesamtvorhabens auch mit weiteren Qualitätsmerkmalen von Antikörpern, unter anderem deren Aggregationsverhalten. Proteine neigen, abhängig von äußeren Faktoren, dazu zu verklumpen, wodurch nicht nur die Wirksamkeit der Arzneimittel beeinträchtigt wird, sondern auch gefährlichen Nebenwirkungen bis zum allergischen Schock auftreten können.

In früheren Projekten haben sich die Biberacher BiotechnologInnen bereits mit dem Problem befasst und herausgefunden, dass die Aggregation der Moleküle mit dem Medium zusammenhängt, in dem sie kultiviert werden. Nun will das Forscher-Team der Fakultät Biotechnologie die Untersuchungen automatisieren und dadurch die Zusammenhänge detaillierter verstehen. Ziel ist die Etablierung von Plattformen zur automatischen Isolierung und Analyse der im Projekt hergestellten rekombinanten Modellantikörper.  

Dabei verfolgt jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin des Biberacher Forschungsinstituts einen etwas anderen Aspekt; die verschiedenen Perspektiven führen sie für den Automatisierungsprozess zusammen. „Wir wollen die entwickelten Analysetechniken für unterschiedliche Qualitätsmerkmale automatisieren und dafür einen sogenannten Pipettier-Roboter einsetzen, sodass ein paralleles Format mit hohem Probendurchsatz entsteht“, erklärt Hans Kiefer. Diese Automatisierung hält der Experte für Proteinaufreinigung und Proteinbiochemie für einen relevanten Entwicklungsschritt, der in der industriellen Anwendung einen großen Nutzen bringt. „Durch die enge Zusammenarbeit mit hoch spezialisierten Unternehmen rechnen wir mit einem schnellen Transfer unserer Technologieentwicklung in die Praxis“, so Kiefer. Die Ergebnisse werden für die Herstellung von Biopharmazeutika für verschiedene Krankheitsbildern von Nutzen sein, etwa bei Therapien gegen Krebs, Autoimmunerkrankungen oder genetischen Erkrankungen.

Initiator und Leiter des Verbundprojektes ist die türkische Firma Florabio in Izmir, die sich mit Medienentwicklung beschäftigt; weitere Industriepartner sind GlycoMScan B.V., am Standort Oss in den Niederlanden sowie die deutsche PAIA Biotech GmbH mit Sitz in Köln. Die beiden letzteren Firmen sind auf die Glykosylierungsanalytik spezialisiert.

An der HBC wurde die Kooperation angebahnt durch das Verbundprojekt InnoSÜD, das dort unter anderem im Bereich Biotechnologie aktiv ist. Ziel des Verbundes ist es, den gegenseitigen Wissensaustausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und anderen Akteuren voranzubringen.

Weitere Informationen zum Förderprogramm:

Eurostars ist ein grenzüberschreitendes Förderprogramm und wird von 36 EUREKA Mitgliedsländern – darunter den EU-28 Mitgliedstaaten – und der Europäischen Kommission getragen und finanziert. Ziel von Eurostars ist es, kleine und mittelständische Unternehmen verstärkt für europäische Forschungs- und Entwicklungskooperationen zu motivieren. Deutschland beteiligt sich mit Mitteln aus dem Bundesforschungsministerium an dem Programm. Eurostars bietet ein grenzüberschreitendes Antragsverfahren für alle Partner und eine zügige europäische Begutachtung.

Bildinformation: Unser Bild zeigt den Blick in eines der Labore der Fakultät Biotechnologie. Konkret wird dargestellt, wie eine Mitarbeiterin die Steuerungseinheit eines Fermenters bedient. Foto: HBC/Stefan Sättele

Text: HBC Pressemitteilung