In Bäumen, Sträuchern, Gräsern und vielen anderen Pflanzen sorgt der Bestandteil Lignin für Stabilität und festigt die Zellen. In der Papierproduktion fällt er tonnenweise als Abfallprodukt an und wird verbrannt – dabei lässt sich aus dem Stoff noch eine Menge machen. An der Hochschule Biberach arbeiten Wissenschaftler*innen daran, aus Lignin den Aromastoff Vanillin zu gewinnen, der bislang vor allem aus Erdöl gewonnen wird. Das kann das Team um Prof. Dr. techn. Heike Frühwirth, Prof. Dr. Chrystelle Mavoungou, Prof. Dipl.-Phys. Axel Bretzke, Ann-Katrin Sprißler und Dr. Barbara Bottenbruch nun in nachhaltiger biobasierter Produktion verwirklichen: In ihrem Labor am Institut für Angewandte Biotechnologie steht seit kurzem ein neuer Hochdruckreaktor. Im September hat das Team das neue Gerät in Betrieb genommen.
„Es gibt auch andere Möglichkeiten, das Vanillin aus Lignin zu gewinnen,“ erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Frühwirth beim ersten Testlauf des neuen Gerätes. Zwei Liter flüssiges Material können darin auf bis zu 250° Celsius erhitzt und mit bis zu 60 bar unter Druck gesetzt werden. „Unter Einwirkung von Hitze und Druck ist der Prozess aber deutlich effizienter.“
Das ist wichtig, denn das Team des InnoSÜD-Teilprojekts „Skalierungslabor“ möchte dazu beitragen, dass die Gewinnung von Produkten aus Reststoffen und Seitenströmen anderer Prozesse sich in der industriellen Biotechnologie durchsetzt. Insbesondere nachwachsende Rohstoffe sollen dabei vermehrt zum Einsatz kommen und so Verfahren ersetzen, die auf Erdöl basieren. Mit dem neuen Hochdruckreaktor können die Wissenschaftler*innen den Prozess zur Vanillin-Gewinnung aus Holzabfällen nun perfektionieren, indem sie verschiedene Parameter verändern.
Anschließend gilt es, den Prozess vom kleinen Maßstab im Labor hochzurechnen auf die deutlich größeren Mengen, die in der industriellen Produktion anfallen. Dafür arbeiten die Biberacher Wissenschaftler*innen mit der Universität Ulm zusammen: Prof. Dr.-Ing. Robert Güttel und Dr.-Ing. Farzad Lali simulieren den Prozess dort am Institut für Chemieingenieurwesen in einem Computermodell für industrielle Maßstäbe. Mit den Ergebnissen aus den Versuchen an der Hochschule Biberach kann die Simulation überprüft und verfeinert werden, um sicherzugehen, dass sie auch im größeren Maßstab korrekte Ergebnisse liefert.
Außerdem arbeiten die Biotechnologinnen mit dem Institut für Gebäude- und Energiesysteme der Hochschule Biberach zusammen. Mit Prof. Axel Bretzke vom Institut für Gebäude- und Energiesysteme beraten sie sich, wie der Prozess energiesparender gestaltet werden kann. So fließt Wissen aus verschiedenen Bereichen in das Projekt mit ein.
Text: Dorothee Barsch, InnoSÜD-Wissenschaftskommunikation