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Die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Belegschaft hat einen sehr hohen oder hohen Stellenwert bei Unternehmen in der Region: Das gaben knapp 80% der Befragten in einer aktuellen Umfrage des InnoSÜD-Teilprojektes ReGiKAM und der IHK Ulm an. Dennoch beschränkt sich in vielen der Unternehmen das Gesundheitsmanagement auf gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen zum Beispiel zur Arbeitssicherheit; zertifizierte Gesundheitsprogramme oder gar ein ganzheitliches Konzept können die wenigsten anbieten. Der Grund: Mangelndes Personal, mangelnde finanzielle Mittel und mangelnde Orientierung über Unterstützung bei der betrieblichen Gesundheitsförderung. Abhilfe könnten überbetriebliche Kooperationen und eine stärkere Vernetzung von Beteiligten und Informationen schaffen.

Die Bereitschaft, Gesundheitsförderung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzubieten, ist da – doch bei der Umsetzung stoßen viele Unternehmen auf Hürden. Das ist das wichtigste Ergebnis einer Umfrage unter 172 Beschäftigten von Unternehmen aus der Region, die das InnoSÜD-Teilprojekt ReGiKAM der Hochschule Neu-Ulm in Kooperation mit der IHK Ulm im Frühjahr 2019 durchgeführt hat. Bei einem Workshop im Juli an der Hochschule Neu-Ulm wurden Auszüge der Umfrage vorgestellt; die ausführlichen Ergebnisse werden im Spätsommer 2019 veröffentlicht.

Befragt wurden Beschäftigte aus der Geschäftsführung, Personalverantwortliche, Beauftragte für Arbeitssicherheit und BGM-Beauftragte in Großunternehmen (37,79%) ebenso wie in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU, 62,21%) in der InnoSÜD-Region Donau-Iller-Riß.

Dabei kam heraus: Viele Unternehmen setzen bislang vor allem gesundheitsfördernde Maßnahmen um, die gesetzlich verpflichtend sind, wie zum Beispiel Arbeits- und Gesundheitsschutz oder Betriebliches Eingliederungsmanagement. „Um Motivation und Leistungsfähigkeit der Belegschaft zu steigern, gäbe es aber darüber hinaus noch viele weitere Möglichkeiten, zum Beispiel Bewegungsangebote, Betriebssport oder Ernährungskurse ebenso wie Angebote zur Stressbewältigung oder Hilfe bei Konflikten oder Mobbing,“ erklärt Teresa Moll von der Hochschule Neu-Ulm, die die Studie durchgeführt hat. „Weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen bieten jedoch solche Maßnahmen an.“

 

Großunternehmen und KMU stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen

Woran liegt es also, dass Unternehmen die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwar für wichtig halten, die Möglichkeiten zur Gesundheitsförderung jedoch nicht voll ausschöpfen? Dafür gibt es verschiedene Gründe mit zum Teil unterschiedlichen Ausprägungen bei Großunternehmen und KMU.

Bei den Großunternehmen schlagen vor allem begrenzte personelle Ressourcen zu Buche (64,6%), begrenzte finanzielle Mittel machen ihnen ebenfalls zu schaffen (52,3%) – und zwar deutlich mehr als den KMU (42,1%). Hinzu kommen als dritte Hürde Widerstände bei den Führungskräften im eigenen Unternehmen.

Das größte Problem bei den kleinen und mittleren Unternehmen: Mangelndes Personal für die Umsetzung (68,2%). Weitere Hürden sind begrenzte finanzielle Mittel (42,1%) und fehlende Informationen bzw. fehlendes Wissen über bestehende Angebote und Fördermittel (31,8%).

 

Überbetriebliche Kooperation als Lösungsansatz

Der Mangel an Informationen und Wissen über Angebote zur Gesundheitsförderung könnte ein weiteres Ergebnis der Umfrage erklären: Nur 22,09% der Unternehmen nutzen zum Beispiel den Steuerfreibetrag für betriebliche Gesundheitsförderung. Und während viele der befragten Großunternehmen mit externen Dienstleistern wie Krankenkassen (84,6%), Fitness-Studios, Physiotherapiepraxen, Masseurinnen und Masseuren o.ä. (66,2%) oder Betriebsärztlichen Diensten (64,6%) kooperieren, nehmen weniger als die Hälfte der KMU deren Angebote in Anspruch.

„Kleine und mittlere Unternehmen haben oft schlicht nicht die Ressourcen, sich ausführlich über diese Möglichkeiten zu informieren,“ vermutet Teresa Moll. „Und je kleiner das Unternehmen, desto weniger werden diese möglicherweise von externen Dienstleistern für eine Kooperation wahrgenommen.“

Die Lösung liegt für sie auf der Hand: Gerade kleine und mittlere Unternehmen sollten sich beim Thema Gesundheitsförderung zusammenschließen. „Bei einer überbetrieblichen Kooperation könnten zum Beispiel benachbarte Betriebe sich über qualifizierte Angebote austauschen und gemeinsam Konzepte erarbeiten, um mehr Fördermaßnahmen für die Gesundheit im Unternehmen anzubieten.“

Immerhin 77,33% der Befragten zeigten Bereitschaft zu einer solchen überbetrieblichen Kooperation – Großunternehmen (83,1%) ebenso wie KMU (73,8%).

Auch das InnoSÜD-Teilprojekt hat sich das Thema Vernetzung und Austausch auf die Fahnen geschrieben: Nach der Präsentation der Umfrage-Ergebnisse wurden diese mit Vertreterinnen und Vertretern der befragten Unternehmen in einem gemeinsamen Praxis-Workshop diskutiert. Basierend auf dem Input der Unternehmen will das Team des Teilprojekts sich als nächstes daranmachen, eine Plattform zur Vernetzung von Anlaufstellen und Informationen aufzubauen.

Teilprojektleiter Prof. Dr. Harald Mehlich, Dekan der Fakultät Gesundheitsmanagement und Mitglied im Institut für Vernetzte Gesundheit der Hochschule Neu-Ulm, sieht darin großes Potenzial: „Mit mehr Vernetzung ließe sich der in der Umfrage benannte Ressourcenmangel zumindest teilweise kompensieren. InnoSÜD kann dabei als Katalysator wirken, der die Beteiligten zusammenbringt und den Funken zündet – für ein Netzwerk, das unser Projekt hoffentlich noch lange überdauert.“

Wichtig ist deshalb die Zusammenarbeit mit lokalen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wie zum Beispiel die IHK Ulm, die das Projektteam bei der Befragung unterstützt hat. „Besonders für kleine und mittlere Unternehmen mit begrenzten Ressourcen ist es daher wichtig, effizient mit den vorhandenen Mitteln umzugehen. Durch Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung kann die Gesundheit und damit die Leistungsfähigkeit der Belegschaft verbessert werden. Zudem können solche Aktionen auch die Attraktivität des Arbeitgebers steigern“, erläutert Annika Höntsch von der IHK Ulm. Um die Unternehmen konkret zu unterstützen, bietet die IHK schon seit Jahren das Netzwerk Betriebliches Gesundheitsmanagement an. Hier tauschen sich Unternehmen über Erfahrungen, Erfolge oder Umsetzungsschwierigkeiten ihrer BGM-Maßnahmen aus und können so voneinander lernen.

 

Hintergrund: InnoSÜD

Mit innovativen Transferformaten einen nachhaltig wirksamen Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft ermöglichen, das ist das Ziel des Hochschulverbundes InnoSÜD. Im Rahmen der Initiative Innovative Hochschule haben sich darin die Hochschulen Biberach und Neu-Ulm, die Technische Hochschule Ulm, die Universität Ulm und die Firma TriCAT zusammengeschlossen. Gemeinsam wollen sie ein dynamisches Innovationssystem schaffen, das die Region Donau-Iller-Riß als Bindeglied zwischen den Metropolregionen Stuttgart und München mittelfristig unter den wettbewerbs- und innovationsfähigsten Räumen Europas positioniert.

Im Fokus stehen dabei die für die Region wichtigen Themenfelder Energie, Mobilität, Gesundheit und Biotechnologie sowie Transformationsmanagement. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt im Rahmen der Bund-Länder-Initiative Innovative Hochschule über eine Laufzeit von fünf Jahren.

Das InnoSÜD-Teilprojekt „ReGiKAM – Realisierungsstrategien zur Gesundheitsförderung in KMU durch Allianzen und Multiplikatoren“ an der Hochschule Neu-Ulm hat sich zum Ziel gesetzt, regionale Unternehmen in ein Gesundheits- und Präventionsnetzwerk einzubinden und bereits vorhandene Konzepte und Angebote zur Gesundheitsförderung für kleine und mittlere Unternehmen zugänglicher zu machen.

 

Weiterführende Links:

InnoSÜD: www.innosued.de

Netzwerk Betriebliches Gesundheitsmanagement der IHK Ulm: https://www.ulm.ihk24.de/starthilfe/Netzwerke/netzwerk-betriebliches-gesundheitsmanagement-/

 

Text: Dorothee Barsch, InnoSÜD-Wissenschaftskommunikatorin

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